Singt dem Herrn ein neues Lied

Das neue Gotteslob bietet eine Fülle von neuen Liedern. Am ersten Advent lernen wir in allen Gemeinden der Pfarre Franziska von Aachen eines dieser neuen Lieder kennen. Dieses Lied wird dann an allen Adventswochenenden gesungen GL 225 „Wir ziehen vor die Tore der Stadt“
 
Entstanden ist dieses Lied im Jahr 1971 in der damaligen DDR. Gottfried Schille (1929-2005), ein protestantischer Theologe, hat den Text verfasst. Er war bis zu seinem Ruhestand in Borsdorf nahe Leipzig Pfarrer. Der Komponist Manfred Schlenker (geb. 1926) war Domkantor in Stendal und Leiter der Kirchenmusikschule Greifswald.


„Wir ziehen vor die Tore der Stadt!“ Vor die Stadt ziehen? Nach draußen ziehen im Advent? Ins Außen gehen? Ist der Advent nicht vielmehr eine Zeit der Innenschau? Man macht es sich im Haus gemütlich, Kerzen auf dem Adventskranz – eine Zeit der Besinnung, eine Zeit der Stille. Dieses Lied zieht uns in die gegenteilige Richtung: runter vom Sofa, heraus aus der Meditationsecke.

Die Melodie des Liedes unterstreicht diese Bewegung – sie erinnert an einen Marsch. Ein Quartsprung ist vier Mal zu hören – um einen Ganzton nach oben transponiert zu Beginn der zweiten Textzeile, um die Intensität zu erhöhen. Wie eine Fanfare rufen die Quarten dieser Melodie zum Aufbruch.


Wir sollen dorthin gehen, wo der Herr ist. Ihn abholen mit lauter Stimme und mutigen, erhobenen Blickes. Wo geht er hin? Welche Wege wird er gehen? Und wo können wir ihn demnach finden? Diese Fragen beantwortet die 2. Strophe. Jesus geht Wege, die sich andere nicht trauen, zu gehen. Wege, vor denen es anderen graut. Bei den Verstoßenen einer Gesellschaft ist er zu finden, bei denen, die außen vor sind und über die andere schon den Stab gebrochen haben.

Wohin ruft er uns? Wie sollen wir handeln? Er ruft uns vor die Tore der Welt. Steht für die draußen ein! So steht es in der dritten Strophe. „Draußen“ – dieses Schlüsselwort wird in dieser Strophe vier Mal wiederholt. Der kommende Herr ist draußen, wo wir normalerweise nicht sein wollen. Vielleicht möchten wir mal ein bisschen auffallen, vielleicht etwas Besonderes sein – aber was wir sicher nicht wollen, ist draußen oder ausgeschlossen sein.

Doch der Menschensohn wird draußen geboren und stirbt draußen. Die Geschichte des Heils ist in dieses „draußen“ eingespannt – zwischen Krippe und Kreuz. „Steht für die draußen ein!“ Herunter vom Sofa. Heraus aus der heimeligen Adventsstube, aus unserer Welt, in der wir es uns gemütlich gemacht haben. Das Herz öffnen für Orte, Situationen und Menschen, die uns herausfordern. Jesu gelebte Solidarität mit den Outsidern ist der adventliche Auftrag für uns.

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