Foillan

Heiliger Foillan

Keltisch-christliche Spiritualität aus Irland, der Heimat des hl. Foillan

Keltische Ursprünge

Die Kelten boten in Irland einen guten Nährboden für das Christentum. Druiden, die keltischen Opferpriester, hatten in Visionen schon das Entstehen einer neuen Religion geschaut. Die Mission der Kelten geschah rasch, sanft und gewaltlos. Die Missionare nahmen in das Christentum auf, was ihnen an spirituellen und seelischen Impulsen nützlich erschien. Vorchristliche Kultstätten, heilige Bäume, Grabhügel, Haine und Quellen erhielten eine christliche Deutung. Mit der Zeit verschmolzen christliche und keltische Feste und Bedeutungen. Vieles ist bis heute auch in unserem kirchlichen Jahreskreis und Brauchtum zu entdecken.

Die Himmelsrichtung Osten hatte auch für die Kelten eine besondere Bedeutung. Von hier trat die Sonnengottheit jeden Tag ihren Siegeszug über den Himmelsbogen an, um sich im Westen zur Ruhe zu begeben. Im frühen Christentum nahm nun Christus als „sol invictus“, als unbesiegte Sonne, die Stelle der keltischen Gottheit ein.

Menhire, waren an ausgewählten Orten aufgestellte, heilige Steine, um die sich die Kelten zum Gottesdienst versammelten. Sie symbolisieren die Achse Erde-Himmel. Menhire sind die Vorläufer der immer nach Osten ausgerichteten keltischen Hochkreuze. Oft sind die Hochkreuze verziert mit Knotenmustern. Sie mögen den endlosen Zyklus der Existenz symbolisiert haben. In christlicher Zeit wurde sie zum Zeichen der Ewigkeit. Der Ring um den Kreuzungspunkt hält die Erinnerung an den Sonnenkult der keltischen Vorfahren wach. In christlicher Deutung macht er im Kreuz schon den auferstandenen Christus sichtbar.

In der Glanzzeit vom 4.–10. Jh. brachte das keltische Christentum viele Heilige und Gelehrte hervor, die in Irland wirkten und Klöster gründeten: Patrick, Brigid, Brendan, Kevin, Colum, Enda, Finnian. Andere  zogen fort, das Evangelium in Britannien und auf dem europäischen Festland zu verkünden: Columban (Bobbio/Italien), Kilian (Würzburg), Gallus (St. Gallen), Paternus (Paderborn) – unter ihnen auch Foillan mit seinen Brüdern.

Foillans Weg

Rekonstruktion des Oratoriums in Fosse-la-Ville, Belgien

Rekonstruktion des Oratoriums in Fosse-la-Ville, Belgien

Foillan war ein Sohn des Königs Fyltan von Mounster und wurde um 600 in Irland geboren. Sein Geburtsort ist nicht genau bekannt. Foillan wurde Mönch, so wie seine beiden älteren Brüder, dem Heiligen Ultanus und dem Heiligen Fursäus . Später war er Abt in dem englischen Kloster Cnobheresburg, das von seinem Bruder zwischen 634 und 650 gegründet  worden war. Das Kloster – es handelt sich wahrscheinlich um Burgh Castle in Suffolk – lag im Herrschaftsgebiet der Ostangeln. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurde das Kloster überfallen. Foillan gelang es, die Reliquien des Klosters und die Kirchenbücher zu retten.  Er floh mit zwei Gefährten nach Nordfrankreich.

Foillan ging später nach Nivelles, wo Itta, die Frau Pippins, nach dessen Tod ein Kloster errichtet hatte und als Nonne lebte. Pippin und seine Nachfahren waren Hausmeier – und damit faktisch Leiter der Regierungsgeschäfte – im Merowinger-Reich. Karl der Große ist sein bedeutendster Nachkomme. Foillan war in Nivelles als Lehrer tätig und lebte im dortigen Männerkloster. Ittas Tochter Gertrud von Nivelles gründete das Kloster Fosses bei Namur. Sie erteilte Foillan 652 den Auftrag zum Aufbau dieses Klosters und eines Krankenhauses. Den Kontakt zum Kloster Nivelles hielt Foillan auch als Abt von Fosses stets aufrecht. Bei der Rückreise aus Nivelles anlässlich des Besuches des Quintinusfestes wurde er am 31. Oktober  656 von Räubern überfallen und im Wald von Seneffes enthauptet. Seine entkleidete Leiche fand man im Graben eines Schweinestalls.

Im 12. Jh. breitet sich – ausgehend von Nivelles und Fosses – die Verehrung des hl. Foillan besonders im  Norden Frankreichs aus. Die um diese Zeit errichtete erste Bürgerkirche Aachens wird St. Foillan geweiht. Es ist die einzige dem hl. Foillan geweihte Kirche in Deutschland.

Das Erbe der irischen Mönche

Modell des Klosters in Fosse-la-Ville, Beligien

Die Klostergemeinschaften des keltischen Christentums wurden inspiriert von den Wüstenvätern aus Ägypten. Sie hatten das Leben der Städte verlassen, um in Einsamkeit und Kontemplation zu leben. Die heiligen Männer und Frauen besaßen die geniale Gabe der Einfachheit: wahrer Glaube an Jesus Christus mit dem reinen Herzen, ein einfaches Leben in der Frömmigkeit und Großzügigkeit der Nächstenliebe.

Der Lebensstil der Mönche und Nonnen hatte etwas Provisorisches und Einfaches, das auf Pilgerschaft ausgerichtet war. Sie waren für die Verkündigung des Glaubens ständig unterwegs. Ihre Klöster, selten aus Stein gebaut, waren nicht nur Orte spiritueller Energie, sondern auch Zentren der Gastfreundschaft, Bildung und kulturellen Entwicklung und eng verbunden mit dem Leben der Umgebung.

In ihrer Sicht ist der Kosmos durch die ständige, aktive Präsenz Gottes aufgeladen und belebt. Alle Dinge sind erfüllt von Gottes schöpferischer Gegenwart und nährender Liebe und geben sie weiter. Ihre Fähigkeit, das Alltägliche und Gewöhnliche, die kleinen Dinge wertzuschätzen und Gott jeweils im alltäglichen Trott und in gewöhnlichen Aufgaben zu entdecken, findet sich in der Poesie ihrer Gebete.

Kathedrale von Clonmacnoise, 10. Jh.

Kathedrale von Clonmacnoise, 10. Jh.

Im 12. Jh. löste die römische geprägte Kirche das keltische Christentum ab und führte eine zentralisierte und hierarchische Struktur ein. Die Ehe der Kleriker wurde für rechtswidrig erklärt und der Zölibat von  Priestern und Ordensleuten erzwungen. Bischöfe zogen in Paläste und bauten Kathedralen aus Stein. Die Andachtshütten aus Lehm und Flechtwerk verschwanden. Die umherreisenden Mönche und Bischöfe, die sich regelmäßig in Einsiedeleien zurückzogen, wurden nach und nach abgelöst. Nach den Erfahrungen mit der römisch-katholischen Kirche und den Kirchen der Reformation, erleben wir heute eine Renaissance keltisch-christlicher Spiritualität.

Die keltischen Hochkreuze vor dem weiten Himmel sind stumme Zeugen und eine großartige künstlerische Hinterlassenschaft der keltischen Kirche und ihrer spirituellen Kraft. Der keltische Knoten verknüpft das Alte mit dem Neuen, das Heidnische mit dem Christlichen, das Heilige mit dem Weltlichen, Materie mit Geist, Natur mit Gnade, Maskulines mit Femininem, diese Welt mit der nächsten.

Besonders sympathisch ist uns heute die Einstellung der keltischen Christen zur Umwelt und Natur. Der Mensch bildete mit ihr eine Einheit, er achtet und schützt sie. In ihr, in allen Dingen, erfährt er Gott. Das Bewusstsein der Allgegenwart Gottes in Menschen und Dingen ließ die keltischen Christen den Augenblick achten. Sie waren Mystiker des Alltags. Hieraus entstanden Gebete und Verse von einmaliger Kraft und Poesie.

Die keltische Mythologie, die religiösen Ausdrucksformen und das schöpferisches Erbe faszinieren bis heute. Sie scheinen einer Sehnsucht des modernen Menschen zu entsprechen, die auch in den irischen Segenswünschen anklingt.

Weiterführende Literatur

Bradley, Ian: Der keltische Weg: keltisches Christentum auf den Britischen Inseln; damals und heute [aus dem Engl. übertr. von Johanna Tetzlaff]. 1. Aufl., Knecht, Frankfurt am Main, 1996

Frank, Karl Suso: Geschichte des christlichen Mönchtums: Grundzüge; 5. Aufl.; Wiss. Buchges., Darmstadt, 1993

Multhaupt, Hermann: Alle Tage möge die Sonne für dich scheinen: Irische Segenswünsche; Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2004

Multhaupt, Hermann: Irland: Glaubenswege – dem Mysterium begegnen; Bonifatius, Paderborn und Brendow, Moers, 2008

Vogt, Hermann: Kulturen der Einsamkeit: der keltische Rand Europas; Wiss. Buchges., Darmstadt, 1994

 

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