Kriegs-Madonna

Kriegs-Madonna

Seit der Feier des Patroziniums am 8. Dezember 2006 befindet sich rechts hinter dem Altar eine Madonnen-Statue aus der alten Marienkirche. Einige Daten:

  • 2,56 Meter groß, dunkles Holz
  • stammt aus der alten Marienkirche, entstand also Mitte des 19. Jahrhunderts
  • entworfen höchstwahrscheinlich vom Architekten der alten Marienkirche, Vinzenz Statz
  • geschaffen von einem unbekannten Bildhauer
  • im Zweiten Weltkrieg durch eine Bombe getroffen und stark beschädigt
  • wurde nach dem Krieg nicht mehr in der alten Kirche aufgestellt
  • und nach dem Abriss der Kirche (Ende der 1970er Jahre) bei der Firma Stahlhuth (Orgelbauanstalt) gelagert
  • fristete nach einem kurzen Aufenthalt in der Kapelle des Generalvikariates ein unbeachtetes Dasein im Bistumsmagazin in Wenau

Es handelt sich um die Darstellung der Gottesmutter Maria mit Kind. Die Skulptur wurde im beschädigten Zustand konserviert, d. h. sie wurde lediglich gereinigt, und die vorhandenen Farbreste wurden gesichert, aber nicht restauriert. Sie soll ein Mahnmal sein gegen den Krieg in der Welt.

Gedanken über die „neue” alte Marienstatue

von Regina Poth

Seit dem Fest des Patroziniums am 8. Dezember steht ein „neues” Abbild der Gottesmutter in unserer Kirche. Man mag sich fragen, ob es denn nötig oder sinnvoll ist, ein weiteres Bild der Maria in der Kirche aufzustellen, gibt es derer doch schon einige.

Da steht Maria unter dem Kreuze, zwei Mal sogar, eine im Chor des Hauptraumes und eine an der Stirnwand der Werktagskapelle. Dazu kommt das Gnadenbild in der Sakramentskapelle und das Bild der Schwarzen Madonna, das die polnische Gemeinde mitgebracht hat.

Alle diese Bildnisse stellen Maria als junge, hübsche Frau mit dem Heiligenschein dar, selbst in den Leidensszenen. Das ist die eine Seite der Heiligen Maria, so wie sie am häufigsten dargestellt wird. So, als ob die Mutter Gottes nicht gelitten hätte.

Dabei weiß man, dass ihr Leben nicht leicht war. Von Anfang. Seit der Verkündigung, die die Unverheiratete in eine Lage versetzte, die damals (wie heute) schwierig war.

Die Geburt Jesu war auch nicht gerade das, was man sich als werdende Mutter als gute Voraussetzung vorstellt. Dann die Flucht nach Ägypten. Später verschwindet Jesus zunächst als Halbwüchsiger bei der Wallfahrt nach Jerusalem. Danach, als junger Erwachsener, zieht er mit einer Gruppe junger Leute landauf, landab… sicher auch nicht die Idealvorstellung treu sorgender Eltern.

Hätte er nicht den „normalen” Weg einschlagen können und wäre als Zimmermann in die Fußstapfen seines Ziehvaters Josef getreten?

Bei der Hochzeit zu Kana kommt es gar zu einer unschönen Begegnung mit Maria, in der der Sohn seine Mutter zurecht weist.

Maria wird in all diesen Jahren sicher häufig Sorgen und zahlreiche schlaflose Nächte wegen ihres Sohnes gehabt haben.

Am Schluss dann das Miterleben des Kreuzweges und der Marter, die schließlich zum schrecklichen Tod führen. So wie sie die Todesfolter des eigenen Kindes hilflos mit zu erleben, muss das schlimmste sein, was ein Mensch ertragen kann.

Und bei all dem soll Maria nie ihr Lächeln abgelegt haben?

Die Marienstatue, die nun im Blickpunkt der Gläubigen in der Marienkirche steht, zeigt auch dieses fast schon typische Lächeln. Sie hält ihr Kind im Arm. In dieser Situation wird es ihr wie vielen Müttern gegangen sein, die trotz aller äußeren Not und widriger Lebensumstände beim Anblick ihres Kindes die Welt um sich vergessen und trotz allem lächeln können. Dieses Gefühl von Glück und inniger Verbundenheit kann uns diese Marienstatue vermitteln.

Daneben hat sie aber noch einen anderen Ausdruck.

Die Figur ist stark beschädigt. Ob durch Kriegseinwirkungen oder andere Einflüsse, sei dahin gestellt. Entscheidend ist, dass das Elend der Welt vor dieser Figur nicht Halt gemacht hat. Und so präsentiert sich uns Maria nicht nur als die Heilige, die der Welt entrückte, sondern auch als die leidgeprüfte Person, die sie in ihrem Leben war und für uns bisweilen ist.

Wenn die Christen seit zweitausend Jahren sich in Not und Elend an sie wenden, dann ist dies auch in dem Wissen, dass sie uns aus der eigenen Erfahrung eines von Leid und Not geprägten Lebens versteht.

Maria ist die reine und „wunderschön prächtige, liebreich holdselige himmlische Frau”, wie es in einem Marienlied heißt. Das zeigt sie uns in dem, was von der ursprünglichen Figur geblieben ist, insbesondere in dem Gesichtsausdruck den ihr der Künstler gegeben hat und der erhalten blieb.

Sie ist aber auch die Leidende, wie sie in einem anderen Marienlied beschrieben ist: „Welch ein Schmerz der Auserkor’nen, da sie sah den Eingebor’nen, wie er mit dem Tode rang. Angst und Jammer, Qual und Bangen, alles Leid hielt sie umfangen, das nur je ihr Herz durchdrang.”

Diese zweite Seite der Gottesmutter wird erst durch die teilweise Zerstörung der Figur deutlich.

So kommt es, dass gerade durch die zerstörerischen Einflüsse dieser Statue die beiden Seiten der Heiligen Maria in gleicher Weise vermitteln kann. Jeder aber, der sie betrachtet, kann je nach der eigenen Lebenssituation, ob er der Gottesmutter sein Glück zu Füßen legt oder ihre Hilfe in einer scheinbar aussichtslosen Situation erbittet, sich die eine oder andere Seite aussuchen. So ist diese Marienfigur eine wertvolle Bereicherung in unserer Kirche.

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