Vom Helden zum Sündenbock

Impuls zum Palmsonntag / 28. März 2021

An Palmsonntag wurde Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begrüßt und gefeiert wie ein König. Mit dem Satz „Der König reitet in die Stadt ein“ entsteht häufig das Bild von einem König mit goldener Krone, in einem prächtigen Mantel auf einem weißen Pferd, begleitet von Soldaten mit Schwertern, Fahnen und Trompeten. Ein König ist für viele auch heute noch etwas Besonderes. Jemand, den man bewundert und der ein prunkvolles, aber tadelloses Leben führen sollte.

Wir Menschen brauchen Idole und Helden, an denen wir uns orientieren können. Manchmal neigen wir allerdings dazu, allzu schnell einen Helden aus jemandem zu machen. Dabei stülpen wir ihm unsere Vorstellungen über und nageln ihn auf unseren Wertemaßstäben fest. Solange er – oder sie – in unsere Vorstellungen passt, ist ihm/ihr unser Lob sicher; wenn es nicht mehr passt, ist der Fall tief.

Diese teilweise sehr festgefahrenen oder auch einseitigen Vorstellungen eines Helden trüben jedoch auch den Blick für so manche verborgene Heldentat.

Nach einem Jahr Corona-Pandemie fällt es uns zunehmend schwerer, uns in Geduld zu üben und uns zum Wohl aller weiterhin etwas zurück zu nehmen. Der Wunsch, unsere persönlichen Bedürfnisse zu stillen, wird immer drängender und unsere Sorgen werden immer schwerer. So mancher, der zu Beginn der Pandemie als Held gefeiert wurde, wird jetzt maßlos kritisiert und völlig in Frage gestellt. Selbst vor Morddrohungen und Beschimpfungen machen viele nicht Halt.

Auch Jesus erfüllte die Vorstellungen vieler nicht. Jesus reitet auf einem Esel, dem Tier der Armen, in die Stadt ein und ist schon gar nicht prächtig gekleidet. Auch wenn ihm die Menschen beim Einzug in Jerusalem zujubeln, macht er sich diese Zustimmung nicht zu Nutze. Jesus ist nicht der prachtvolle König, der für seine Macht und seinen Reichtum bekannt ist. Er wird auch nicht für Macht und Reichtum im irdischen Sinne kämpfen. Er ist ein Mensch des Volkes, dessen Macht die Liebe und dessen Reichtum das Teilen ist. Sein Königreich besteht nicht aus Macht und Gehorsam, sondern aus Nächstenliebe und dem Blick füreinander. Diese Botschaft ist heute noch genauso aktuell und dabei schwierig zu verstehen wie damals. Lasst uns in all der Sehnsucht nach dem Ende der Pandemie, der Ungeduld, die nur noch schwer zu beherrschen ist und der Sorgen, die viele von uns bedrücken, nicht unfair, zornig oder gleichgültig gegenüber unseren Mitmenschen werden.

Zwischen den Schwierigkeiten, trotz all der Enttäuschungen, die wir in dem letzten Jahr erlebt haben, waren es doch gerade die zwischenmenschlichen Aktionen, die uns weitergebracht haben. Neben den vielen Dingen die mühsam, unlogisch und frustrierend sind, sollten wir uns weiter auf die Dinge konzentrieren, die gut sind, und den Blick füreinander nicht aus den Augen verlieren.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen Mut und Kraft für die kommende Zeit und wünsche uns eine gute Karwoche!

Ihre/eure
Susanne Walde in Zusammenarbeit mit dem Familienmesskreis

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