Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern

Impuls zum vierten Fastensonntag / 14. März 2021

Einführung

Heute geht es um den Vater Unser- Vers „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Wer ist denn wohl unser Schuldiger und wann müssen wir ihm vergeben? Doch wohl dann, wenn er reuevoll auf uns zukommt und um Verzeihung bittet, oder? Hierzu gibt es ein schönes Sprichwort:

„Wenn jemand dich um Vergebung bittet, dann vergib ihm um seinetwillen. Wenn er dich nicht um Vergebung bittet, dann vergib ihm um deinetwillen.“

Im Brief an die Gemeinde in Rom schreibt Paulus, dass Jesus am Kreuz sein Blut vergossen hat, um unsere Schuld zu sühnen (vgl. Röm 3,21-31). Jesus nahm also schuldlos unsere Schuld auf sich. Selbst am Kreuz gab er uns trotz unsäglichen Leidens ein unglaubliches Beispiel des Vergebens mit der Bitte:

„Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Lukas 23,34

Im Vater Unser- Vers heißt es nicht „meine Schuld“ sondern „unsere Schuld“. Auch als Gemeinschaft laden wir Schuld auf uns – nehmen wir als Beispiel unseren Umgang mit den Ressourcen unserer Erde. Wir können uns nur wünschen, dass unsere Kinder und Kindeskinder uns diese Schuld vergeben.

Eine schöne Woche wünscht Ihnen Hans-Dieter Hötte

Impuls

Als es um die Frage ging, wer welchen Teil des Vater Unsers behandeln möchte, habe ich mich spontan für diese Passage gemeldet. Während die anderen Bitten in diesem Gebet bedingungslos gestellt werden, ist hier eine Verknüpfung mit unserem eigenen Handeln auf Erden verbunden. Und diese Verknüpfung ist schwer verdaulich. Wenn ich mir vorstelle, dass ich am Himmelstor stehe, Petrus um Einlass bitte und dieser mich fragt, ob ich denn allen meinen Schuldigern auf Erden vergeben habe … das könnte eng werden mit dem Zugang zum Himmel.

Jede*r von uns hat in seinem Leben kleine und große Verletzungen erlebt. Und wenn man dann sogar objektiv sagen konnte, der/die andere war schuld, hatten wir dann immer die Größe der Vergebung von Herzen? Ich kann das für mich nicht behaupten, obwohl ich mir Mühe gegeben habe. Aber die Benotung „Er war stets bemüht“ ist ja nicht grade eine Top-Note.

Tatsächlich liegt für mich in dieser Bitte des Vater Unsers der Kern unseres christlichen Glaubens, der von uns nicht nur verlangt „Liebe deinen Nächsten“ sondern sogar „Liebet Eure Feinde“. Das ist eine eigentlich kaum zu bewältigende Herkules-Aufgabe! Und gerade in der heutigen Zeit fällt es mir schwer, speziell die zu lieben, die mir nicht so nahe sind.

Ich denke hier an Politiker*innen und ich muss leider auch an unsere Kirchenoberen denken, die mir und vor allem anderen manchmal Unrecht mit ihren Entscheidungen und ihrem Verhalten antun. Und die soll ich jetzt auch noch lieben und ihnen ihre Schuld vergeben. Das ist doch etwas viel verlangt, oder? Und wieviel schwerer muss es Menschen fallen, zu vergeben, wenn ihnen tatsächlich schwerstes Leid zugefügt wurde!

Aber vielleicht fangen wir einfach mit kleinen Schritten an: Wenn mich jemand auf der Autobahn aggressiv bedrängt: Ganz entspannt auf die rechte Spur wechseln und lächeln! – Wird schwer genug. Und es fallen uns sicherlich viele derartige Beispiele ein.

Sie alle haben vermutlich schon einmal etwas über die Insel Mauritius gehört, sie gilt als Trauminsel, als Paradies im Indischen Ozean. Und sie hat tatsächlich etwas paradiesisches, nämlich ein paradiesisches Miteinander der Religionen. Hierzu eine kleine Begebenheit:

Kurz vor der Wandlung in einer katholischen Messe ertönt durchdringend die Stimme des Muezzins. Father Goupille hält inne am Altar. In der katholischen Kirche von Grand Baie ist außer dem Gebetsaufruf für die Muslime nur noch das Sirren der Deckenventilatoren und das Auslaufen der Wellen am nahen Strand zu hören. Als nach einer Weile der Gebetsgesang von der gegenüberliegenden Moschee endet, fährt der Priester mit der Samstagabendmesse fort: „So, nun sind wir wieder dran!”

Warum erzähle ich Ihnen das im Zusammenhang mit dem heutigen Vater Unser – Vers? Weil es auf Mauritius einen schönen Brauch zu Ostern gibt. Alle überlegen, wer ihnen im zurückliegenden Jahr evtl. Unrecht getan, sie verletzt hat, und gehen zu Ostern auf diesen Menschen zu und vertragen sich mit ihm. Vielleicht wäre das auch eine schöne Aktion für jeden von uns in der kommenden Osterzeit.

Eine schöne Woche wünscht Ihnen Markus Schröder

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