Impuls zum ersten Fastensonntag / 21. Februar 2021
Hildegard Döltgen:
Dieser erste Vers des Vater Unser besteht nur aus wenigen Worte, aber Jesus bringt darin zur Sprache, was ihm besonders wichtig ist: Das „Vater sein“ Gottes für uns, seine All- Anwesenheit und sein heiliger Name. „Vater unser“, dieser Begriff beinhaltet zugleich Mutter, Fürsorger, Geborgenheit.
Vater unser, diese Anrede bedeutet eine besondere verwandtschaftliche Nähe. Wer diese Anrede, Vater, gebraucht, überwindet die Anonymität, überspringt seine unermessliche Ferne und erkennt seine unverzichtbare Rolle für das eigene Leben an, das ohne Vater nicht wäre. Jesus holt uns also mit diesen zwei Worten „Vater unser“ aus der Gottesferne heraus. Er schafft uns Zugang zum Vater und, wie er es selbst erlebt hat, hebt er uns in eine Vertrautheit mit dem Vater. Diese Vertrautheit mit Gott (der Begriff Gott impliziert: Vater, Sohn und Hl. Geist), diese Vertrautheit mit Gott leben zu können, ist das Herzstück unseres christlichen Glaubens – und das äußert sich in der Anrede „Vater“.
Kathi Grün:
Mein Vater im Himmel. Vater, wo genau bist du, unser Vater im Himmel? Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt. Wo ist denn eigentlich der Himmel? Ist es die blaue weite Fläche über meinem Kopf, wenn ich nach oben schaue, und unter der die weißen, luftigen Wolken in eine bestimmte Richtung ziehen? Oder ist es, wenn in der Nacht unzählbar viele Sterne mir entgegenleuchten und der Mond mal halb und mal ganz als gelbe Kugel zu sehen ist? Oder in dem Raum unter dem sichtbaren weiten Blau und den Wolken durch den die Flugzeuge fliegen, in denen die Menschen dicht gedrängt auf engen Sitzen dahinschweben? Oder in dem Raum in dem die Satelliten sich um die Erde drehen? Oder ist es der Ort aus dem Wasser, welches in jeglicher Form durch die Schwerkraft zu Boden fällt, als Regen, Schnee oder Hagel, und der Wind hindurch fegt, Gewitter verursacht oder Stürme, die uns Menschen zittern lassen?
Ist das der Himmel?
Wie genau soll ich mir den Himmel vorstellen, von dem du, Vater im Himmel, sprichst? Vater im Himmel. Wie oft wiederhole ich diesen ersten Satz und bleibe daran hängen? Gerade jetzt in dieser schweren Zeit für uns alle.
Wo bist du?
1961 umrundete der erste Mensch den Weltraum, sein Name war Juri Gagarin. Sein Flug dauerte 108 Min. Doch das reichte für die Unsterblichkeit. Berühmt wurde vor allem ein Satz von ihm: Gott habe ich dort nicht gesehen.
In diesem sichtbaren blauen greifbaren für uns erreichbaren Himmel kannst du wohl nicht sein. Oder? Der Himmel als der Ort, wo unser Vater wohnt. Es ist wohl ein Ort jenseits meines begrenzten Begreifens. Eine gewaltige Dimension, die über mein Denken hinausgeht. Der Himmel ist der Anfang, er steht für die Grenzenlosigkeit Gottes sowie seiner Liebe und seiner Nähe.
Du, Vater im Himmel!
Jesus sagt, so sollst du beten: Vater unser im Himmel. Dieses Gebet reicht also bis in diesen Himmel, in dem du, Vater, wohnst.
Wenn ich bete, weiß ich, dass du mich hörst, selbst wenn ich mein Gebet nur in Gedanken spreche. In diesem Moment bist du mir nahe, näher als die Luft zum Atmen. Das ist mein Glaube, der tief in mir ist. Du überwindest Raum und Zeit und Universum und ich bete voller Ehrfurcht.
Hildegard Döltgen:
Geheiligt werde Dein Name! Das hört sich fremd an in dieser Welt, wo vermeintlich so wenig heilig ist. Natürlich gibt es Dinge, die mir heilig sind, an die soll niemand rühren, die will ich beschützen. Aber hier geht es nicht um Meins sondern um: Dein Name sei geheiligt. Hier geht es um die Einübung der Ehrfurcht und des Respektes vor Dir, um mich bereit zu machen, dann auch den andern neben mir sein und gelten zu lassen.
Wenn wir das „Vater unser“ mit Gesten beten, (wir kennen es aus Kindergottesdiensten), dann wird – geheiligt werde Dein Name – durch Hochheben der Hände ausgeführt; das bedeutet: Gott erheben, ihn groß machen, ohne mich klein machen zu müssen; IHM Platz zu machen, damit er seine Heiligkeit in uns wirken lassen kann, damit wir seine Liebe und Nähe in unserem Leben sichtbar werden lassen können.
Wir wünschen Ihnen eine schöne Woche, Hildegard Döltgen und Kathi Grün
Foto: Andrew Krasilnikov/unsplash