Franziska schenkt Vertrauen

von Jürgen Maubach

Am 3. Januar 2019 jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag unserer Pfarrpatronin Franziska Schervier. Sie gehört sicher zu den Frauen, die Aachen in den letzten 200 Jahren am nachhaltigsten mitgeprägt haben. Mit ihren Freundinnen Clara Fey, Pauline von Mallinckrodt – beides wie sie Schülerinnen von Luise Hensel – und Josephine Koch zählt sie zu den richtungsweisenden Persönlichkeiten der caritativ-sozialen Bewegung des 19. Jahrhunderts. Beim Blick auf ihr Leben ist mir noch einmal deutlich geworden, was sie uns heute sagen kann.

Anfangs drückte ihr Name Franziska nur die Verbundenheit mit ihrem fürstlichen Paten Kaiser Franz I. von Österreich aus. Als Tochter einer der reichsten Familien Aachens, den Nadelfabrikanten Migeons-Schervier in der Eilfschornsteinstraße, war sie schon früh auf der Suche nach einem sinnvollen Leben. Gefördert durch ihre Lehrerin Luise Hensel war Franziska für ihre Zeit ungeheuer selbstbewusst und emanzipiert. Sie engagierte sich schon als junge Frau bei Hilfsprojekten gegen die materielle und gesundheitliche Not in unserer Stadt.

Ihre Antriebskraft schöpft sie (Luise Hensel) aus der Botschaft Christi: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Dieser Ansatz überzeugt die Mädchen, befreit sie aus dem Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Die chaotischen Zustände in ihrem Umfeld werden nicht beschönigt, sondern nüchtern wahrgenommen und zeigen sich veränderbar. (Petra Fitzek, Worte allein vermögen nichts, Das Leben der Franziska Schervier, S. 15)

Heute stehen wir wieder scheinbar ohnmächtig und hilflos vor Herausforderungen wie dem Klimawandel, der zunehmenden Schere zwischen Armen und Reichen in unserer Gesellschaft oder einem gerechten und fairen Welthandel, u.v.a.m. Da kann uns eine Frau wie Franziska Schervier mit ihrer Haltung ein gutes Vorbild sein. Unsere Spiritualität ist auch heute die entscheidende Stütze, diese Probleme anzugehen. Ausgehend von der Botschaft Christi können wir eine Hoffnung entwickeln, die darauf vertraut, dass es sinnvoll ist, sich einzusetzen – auch wenn niemand garantieren kann, dass es gut ausgeht. Eine Hoffnung die Widerstand ist gegen Resignation, Mutlosigkeit und Zynismus unserer Tage. Franziska hat es uns vorgemacht und das Wagnis gelebt. Niemand hatte ihr versprochen, dass ihr Einsatz etwas bringt. Nach 200 Jahren können wir nur bestätigen, es war ein Erfolg. Aber werden wir das Wagnis unserer Tage, die notwendigen Veränderungen angehen?

Franziskas späteres Vorbild war der heilige Franz von Assisi. Sein Weg, als junger Mann sein reiches Elternhaus zu verlassen, um für die Armen und Ausgegrenzten zu sorgen, imponierte ihr. Es dauerte eine Zeit, bis der Entschluss in ihr reifte. Aber dann wollte sie so radikal wie er in einer Gemeinschaft mittellos leben, Christus nahe sein und sich ganz als Werkzeug Gottes sehen. Mit vier gleichgesinnten jungen Frauen begann sie als 26jährige in einer Gemeinschaft ihre Vision zu leben. Das war die Keimzelle des späteren Ordens der „Armen-Schwestern vom Heiligen Franziskus“.

Bis heute begeistert die franziskanische Spiritualität, sie ist populär, sie ist überzeugend. Das leben Menschen wie z.B. Papst Franziskus vor. Sie ist seit 800 Jahren ein zeitgemäßer Weg des christlichen Glaubens. Er zeigt, dass Christentum nicht um sich selbst kreisen darf, sondern in der Zuwendung zu den Menschen seine Erfüllung findet. Denn dort begegnen wir Christus – sagt die Bibel und so hat es Franziska erfahren.

Auch wenn wir keinem Orden beitreten oder heute andere Formen des Engagements haben, auch wir brauchen Gleichgesinnte, Freundinnen und Freunde, ein Netzwerk von Menschen, mit denen wir gemeinsam auf der Suche nach dem sinnvollen Leben sind. Gegenseitig können wir uns ermutigen und inspirieren. Wir brauchen Menschen, die von ihren Quellen erzählen, wo sie in Kontakt mit der großen segnenden Kraft waren, die ihnen Kraft und Hoffnung schenkt. Vielleicht sind das die Orte, wo wir heute Christus in dieser Welt begegnen. Wo wir unsere Angst besiegen und beginnen zu vertrauen. Franziskas Leben erzählt davon und schenkt Vertrauen in Gott.

Weitere Infos: www.schervier-orden.de

Foto: Archiv des Mutterhauses der “Armen-Schwestern vom Heiligen Franziskus”

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