Im aktuellen Andreasboten finden sich einige bereichernde Ferienerlebnisse.
Luxemburger Bilder
Als an Kunst und Architektur interessierter Mensch versuche ich oft meine Urlaube mit Besuchen von Museen und Kirchen anzureichern. Viele beeindruckende Impressionen sind immer wieder das Ergebnis hiervon. So auch
im Frühjahr letzten Jahres, als ich für ein Wochenende in Luxemburg weilte. Neben den vielen interessanten Sehenswürdigkeiten dieser Stadt besichtigte ich natürlich auch die Kathedrale Notre Dame. In dieser wunderschönen Kirche fand zur gleichen Zeit eine Ausstellung eines Luxemburger Künstlers statt, die mich über alle Maßen angesprochen hat.
Jhang Laborelle drückt in seinen Kunstwerken das Leben und oft das Leiden des Menschen und der Kreaturen in symbolischen, spirituellen, gar mystischen Dimensionen aus. Es waren viele Bilder, die eine solche Tiefe hatten, die spontan zum Nachdenken veranlassten, wie ich es bisher kaum in einer Ausstellung erlebt hatte.
Das Bild „man hat mich falsch verstanden“ ist nur eines von vielen darunter gewesen. In Angesicht zu Angesicht mit Jesus kamen für mich unter anderem Fragen zu menschlichem Leiden auf, dass durch Jesus visualisiert wurde.
Ich habe lange Zeit in dieser Kirche verbracht, und noch heute verbringe ich immer wieder im Gedanken Momente in den Bänken von Notre Dame in Luxemburg.
Rolf Bertram
Ein ökumenisches Ostererlebnis auf Teneriffa
Vor einigen Jahren verbrachten wir unseren Osterurlaub auf Teneriffa. Natürlich wollten wir am Ostersonntag auch einen Gottesdienst, am besten in deutscher Sprache besuchen. An der Hotelrezeption nannte man uns eine Kirche, die wir mit unserem Mietwagen gut erreichen konnten. Mit nur ein, zwei Minuten Verspätung trafen wir dort ein und fanden sogar noch freie Sitzplätze.
Zuerst bemerkten wir nichts. Der Pastor trug ein festliches Messgewand, es wurden Bibelstellen verlesen und die uns bekannten Lieder gesungen, die Predigt war interessant, anschließend die Fürbitten. Alles schien ganz normal, und wir nahmen an, dass die paar kleinen Abweichungen zum uns gewohnten Ritus wahrscheinlich der Tatsache geschuldet waren, dass wir uns ja im Ausland aufhielten. Erst nach dem Ende des Wortgottesdienst, zum Beginn der eigentlichen Eucharistiefeier begann uns die Sache „spanisch“ vorzukommen:
Wann würde der Pastor endlich mit der Wandlung beginnen? Nach einigen weiteren Minuten der Unsicherheit dämmerte uns dann, dass wir nicht in einer katholischen Messe, sondern in einen evangelisch-lutheranischen Gottesdienst gelandet waren.
Was haben wir daraus gelernt: Erstens, nur wenn man präzise fragt, bekommt man eine präzise Antwort – zweitens, die Unterschiede zwischen den christlichen Religionen sind in vieler Hinsicht weniger groß, als wir bislang dachten.
Jochen Viethen
Frömmigkeit
Unser neuer Papst Franziskus kommt aus Südamerika; also unternahm ich eine Reise dorthin, genauer gesagt zu den Maya-Indianern nach Mexiko, um dortige Mentalität und Religiösität zu studieren. Was ich erlebte, würde dem Papst die Haare zu Berge stehen lassen, wenn er noch welche hat.
In Chamula besuchte ich die berühmte Indio-Kirche San Juan, um einen Einblick in Synkretismus (Ineinanderfließen) von christlicher und präkolumbianischer Frömmigkeit oder besser gesagt in heidnische Heilungsbräuche in einer katholischen Kirche zu gewinnen. Zwar zeigte das Innere der Kirche noch ein Kreuz, aber keinen Altar mehr. Rundum entlang aller vier Mauern waren unzählige mannshohe Heiligenfigurinen Seite an Seite aufgebaut. Davor verehrte jeder Indioclan seinen Heiligen mit viel Kerzenschein; trockenen Tannenzweigen bedeckten Holzfußboden; Familien beteten in tiefer Ergebenheit um Reichtum, als dessen Symbol Coca-Cola-Flaschen herhielten. Kranken wurden tote Hühner mit Heilungsformeln auf den Kopf gelegt. Katholische Riten treten hier zugunsten alter Maya-Mythen zurück; dennoch beeindruckte mich die tiefe Frömmigkeit der Indianer, die nicht von Fotografen in ihren Zeremonien gestört werden wollen, weshalb ich nachträglich ein Bild von der gespenstischen Szene gemalt habe.
Hans-Karl Rouette
„Wohin soll ich mich wenden …“
… stimmt eine Blaskapelle das Eingangslied der „Deutschen Messe“ von Schubert an. Es ist Ferienzeit. Meine Familie und ich sitzen auf einem Felsblock inmitten der um das Gipfelkreuz versammelten Pilgerschar. Unterhalb des Kreuzes steht ein improvisierter Altartisch.
Frühmorgens machen wir uns zusammen mit den Gastgebern des Feriendorfes auf den Weg. Wir wollen rechtzeitig den Gipfel des nahe gelegenen Berges erreichen, um mit den Bewohnern der umliegenden Gemeinden eine Gipfelmesse zu feiern. Aus allen Richtungen kommen die Bewohner, zum Teil in traditioneller Kleidung aus dem Tal. Auch Feriengäste streben das gleiche Ziel an. So bildet sich eine kleine Prozession. Die Felswände geben die freudigen „Juchzer“ und Jodler der Einheimischen wider und versetzen uns in eine fröhliche Stimmung.
Am Gipfel erwartet uns der Pfarrer aus dem Dorf mit seinen Helfern. Über uns der blaue Himmel mit einigen Wolken, die der Wind vor sich dahin treibt. Der Gottesdienst beginnt. Die Blaskapelle spielt das Eingangslied – den traditionellen Messgesang dieser Alpenregion – aus der Schubertmesse: „Wohin soll ich mich wenden …“. Alle stimmen voller Hingabe in den Gesang mit ein, der die kleine Pilgerschar zu einer innigen Gemeinschaft werden lässt. Die feierliche Atmosphäre zieht uns in ihren Bann.
Die Worte des Schlußsegens und die Klänge des letzten Liedes:
- „Herr, du hast unser Fleh’n vernommen …
- … Alles, unser Tun und Wirken sei ein frommer Lobgesang.“
trägt der Wind über die Gipfel himmelwärts; sie läuten das Ende der Feier ein.
Regina Nowotny
Impressionen aus dem Glasreich
Im Urlaub suche ich Erholung, lerne aber auch gerne Land und Leute kennen. Dabei zieht es mich auch immer wieder in Kirchen, die etwas von der Geschichte des jeweiligen Ortes und dem Leben der Menschen widerspiegeln.
In Schweden machte ich mit meiner Familie Urlaub im „Glasreich“, einer Gegend in Småland, die geprägt ist durch die vielen Glashütten. Nach einem spannenden Besuch in der Glashütte Kosta, in der wir den Glasbläsern zuschauen konnten und viel über die Herstellung von Glas erfahren haben, besuchten wir die Stadt Växjö. Schon seit dem 11. Jahrhundert gab es dort zunächst eine hölzerne, dann eine Steinkirche, die sukzessive erweitert wurde. Jede Zeit hat ihre Spuren hinterlassen: ein Runenstein aus der Anfangszeit, das steinerne Deckengewölbe aus dem Mittelalter und die Turmaufbauten aus jüngerer Zeit. Ein Beitrag unserer Zeit ist die Glaskunst aus dem „Glasreich“: ein „Lichterbaum“, die „Quelle des Lebens“ und der Altarschrank von Bertil Valliens. Das, was wir morgens in der Glashütte und der Ausstellung erfahren hatten, war auch hier Teil des Kirchenraumes.
Sonnendurchflutet – in einem eher verregneten Urlaub – brachte das Glas eine große Leichtigkeit und Offenheit, ein Stück „Himmel“ in die Kirche. Die Darstellungen auf dem Altarbild greifen das Thema Dunkelheit und Licht auf: einzelne Szenen zeigen den Weg des Christen vom dunklen Reich des Todes über das Kreuz und Auferstehung Jesu zur Vollendung. Glas(kunst) und Licht haben bleibende Erinnerungen hinterlassen.
Christiane Rath
Sehnsucht nach Meer
Die Nikolauskirche auf der ostfriesischen Insel Baltrum, so klein Insel und Kirche auch sind, besteht aus zwei Teilen, einer Winter- und eine Sommerkirche. Die Winterkirche ist ein reetgedeckter Rundbau. Die Fenster erzählen den Sonnengesang des heiligen Franziskus nach, der Altar ist eine große, aus Stein gefertigte Muschelhälfte. Sie ruht auf drei bronzenen Pfosten, meerumspült, Zeichen der Dreifaltigkeit, mit einem Schiffstau zusammengehalten. Der Tabernakel ist ein Schiff.
Die Winterkirche öffnet sich mit großen Schiebetüren zur Sommerkirche. Eine Rasenfläche in der Mitte unter freiem Himmel ist umbaut mit drei steingefliesten überdachten Gängen, auf denen in der Hauptsaison auf hölzernen Klappstühlen mehr Gottesdienstteilnehmer sitzen können. Eine Küsterin, die während der Saison Dienst tat, verwirrte einen Kurseelsorger, den sie zu seinem ersten Einsatz auf der Insel am Schiff abholte, mit den Worten: „Mein Mann wäre gerne mitgekommen, aber er musste in der Kirche noch Rasen mähen.“
Dass sie nicht schon unter einem Inselkoller litt, sondern eine höchst plausible Aussage traf, merkte er erst beim ersten Besuch in der Kirche. In der Winterkirche pfeift der Wind, in die Sommerkirche dringen Geräusche von schreienden Möwen. Die Öffnung, die Weite des Himmels, das ewige Säuseln …: Alles erzählt von Gottes Gegenwart und Ewigkeit. Immer.
Wer auf Baltrum stirbt, darf sich dem Ruf am Friedhofstor anvertrauen: „Christ Kyrie, komm zu uns auf die See.“ Nikolaus von Myra, den wir am 6. Dezember feiern, ist Schutzpatron auch der Seefahrer. Er weitet unseren Blick, die Liebe zum Glauben nicht zu verlieren und an der Weite des Meeres zu lernen. So hat es der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry formuliert: „Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Menschen die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer!“
Angela M.T. Reinders