Wegerfahrungen

Impuls zum Palmsonntag / 5. April 2020

Photo by Matthew Henry on Unsplash

Der Palmsonntag wird jedes Jahr vom Familienmesskreis vorbereitet und jedes Jahr bemühen wir uns, die feierliche und die traurige Seite darzustellen. Vor den Kirchentüren lesen wir immer das Evangelium vom Einzug Jesu nach Jerusalem vor und segnen die Zweige und in der Kirche wird ein Teil der Passion gelesen. „Hosianna“ und „Kreuzige ihn!“ in einem Gottesdienst. Dieser Sonntag ist von der Liturgie vergleichbar mit einem Picknick an einem sonnigen Tag, an dem sich schon weit hinten am Horizont eine Gewitterfront zusammenbraut. Oder wie ein großes Abschiedsfest, an dem alle ausgelassen feiern und doch jeder im Herzen schon den bevorstehenden Abschied fühlt.

Zurzeit ist für uns alle jeder Tag wie ein Palmsonntag. Tag für Tag erreichen uns die dunklen, schweren Informationen über Neuinfizierte, Tote und entsprechende Maßnahmen. Jeder Tag fühlt sich grundsätzlich schwer und träge an, da es für keinen mehr einen Alltag und einen sicheren Tagesablauf gibt. Und über allem schwebt die Prognose, dass das erst der Anfang sei und uns die schlimme Welle noch bevorstehe.

Und das „Hosianna“ an jedem Tag? – Geht man durch den Park oder im Wald spazieren, dann zwitschern die Vögel, der Specht klopft und die Blüten schießen aus dem Boden. Auch in den Gärten sieht es aus wie immer, der Frühling zieht ein und damit das Leben. Die Sonne wärmt unser Gesicht, wir säen die ersten Pflanzen auf der Fensterbank, um im Sommer stolz unsere Tomaten zu ernten und denken dabei an laue Sommernächte beim Grillen mit Freunden im Garten.

Ein Freund hatte letzte Woche Geburtstag und war sehr traurig und wütend, dass er diesen nicht mit seinen engsten Freunden feiern konnte. Da verabredeten sich die Freunde zur Videokonferenz, zehn Männer quatschten und grölten jeder auf seiner Couch mit dem eigenen Bier aus seinem Kühlschrank bis spät in die Nacht hinein. Am nächsten Tag hatte jeder einen Kater und das Gefühl, sie hätten gemeinsam auf einem Sofa gefeiert.

In dieser Zeit leiden wir in allen Bereichen des Lebens an der Entbehrung unseres bisher gelebten Lebens. Doch noch nie haben sich Tag für Tag so viele Leute die Mühe gemacht, uns täglich schöne Momente zu schenken. In den sozialen Medien spielen Schauspieler des Aachener Theaters Ausschnitte ihres eigentlichen Abendprogramms in ihren Wohnzimmern. Clowns und Comedians stellen jeden Tag einen kurzen Clip auf ihre Homepage. Musiker spielen Konzerte und stellen diese ins Internet. Das Radio lädt dazu ein, sich Lieder zu wünschen und andere damit an gemeinsame Momente zu erinnern. Das sind nur wenige Beispiele von ganz vielen Wundertaten, um uns einen Moment lang Frieden und ein Stück von Gottes Reich zu schenken.

Im Evangelium heißt es: „Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten.“ Ich wünsche Ihnen in dieser und der kommenden Zeit viele Momente, in denen Sie Gott mit lauter Stimme loben und freue mich schon darauf, wenn wir es wieder gemeinsam in unserer Kirche tun. Bleiben Sie bis dahin gesund und optimistisch!

Ihre Susanne Walde

Evangelium nach Matthäus

Jesu Einzug in Jerusalem

Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, schickte Jesus zwei Jünger aus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen.

Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist:
Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir.
Er ist sanftmütig und er reitet auf einer Eselin
und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.

Die Jünger gingen und taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf. Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!

Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

Text aus der Einheitsübersetzung 2016, Matthäus 21,1-11

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