Orientierung

Impuls zum 4. Fastensonntag / 22. März 2020

Die St. Andreas-Gemeinde unserer Pfarre rückt in diesem Jahr den Klimawandel in den Fokus und hat ihre Fastenzeit unter das Weg-Motiv gestellt. Entlang dieses Bildes laden wir ein, innezuhalten und eigene Lebensgewohnheiten zu reflektieren. Ja, – im positiven Sinne – Klima zu wandeln: in unserem Verhältnis zu Gott, zu unseren Mitmenschen und zur Schöpfung. Mit dem Symbol des Weges wollen wir auf Erfahrungen unseres Unterwegsseins schauen: Wie leben wir miteinander? Wo können wir achtsam die Sorgen der Menschen in unserem Umfeld wahrnehmen und ihnen helfend zur Seite stehen? Wie wollen wir unser Leben (neu) ausrichten? Auf welches Ziel hin?

Am Aschermittwoch sind wir mit einem Rucksack aufgebrochen, haben Irrwege, Aufstiege und Grenzwege behandelt. Am heutigen Sonntag ist das Thema „Orientierung“ angedacht. Dieses Thema hat in der momentanen Zeit eine ganz neue Bedeutung für uns. Unser scheinbar sicherer Lebensweg wurde für uns alle jäh und tiefgreifend unterbrochen, wir alle haben etwas an Orientierung verloren.

Im heutigen Evangelium geht es um die Heilung des Blinden und den anschließenden Disput mit den Pharisäern. Man erkennt an diesem Disput, dass es sicherlich weniger um das Organ Auge geht als um das Öffnen unseres inneren Auges. Insofern sind die Pharisäer blind, obwohl sie sehen können.

Vielleicht dienen die Ereignisse der letzten Wochen dazu, dass auch unser inneres Auge etwas weiter geöffnet wird und wir mehr die wahren Werte in unserem Leben erkennen. Wir erkennen, wie leicht unser geordnetes Leben an Orientierung verliert, aber wir lernen vielleicht auch wieder, viele scheinbare Selbstverständlichkeiten zu schätzen. Und vielleicht orientieren wir uns in Zukunft wieder stärker statt am Konsum an den eigentlichen Werten wie Nächstenliebe und Menschlichkeit, Friede und Freiheit, Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf und danken Gott dafür.

In diesem Sinne scheint eine Umorientierung schon zu beginnen. Die Menschen helfen einander, sie danken denen, die täglich für uns im Bereich der kritischen Infrastruktur arbeiten und dabei höheren Risiken ausgesetzt sind als viele von uns. Es wäre schön, wenn wir uns auch nach Abklingen der Krise wieder stärker an christlichen Werten orientieren würden und ich glaube, das wird so sein. Insofern freue ich mich auf die Zeit nach der Krise, darauf, Sie alle wieder im Gottesdienst und bei den vielen Aktivitäten in unserer Gemeinde wiederzusehen. Bis dahin wünsche ich Ihnen Gottes Segen, bleiben Sie gesund!

Ihr Markus Schröder

 

Evangelium nach Johannes

Die Heilung des Blindgeborenen.

Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. Jesus spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen.

Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es.

Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich.

Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet. Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus.

Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder.

Text aus der Einübersetzung,  Joh 9.1.6-9.13-17.34-38

Wegerfahrungen

„Der neue Weg“, so nannten die ersten Christen sich selbst, so steht es in der Apostelgeschichte (Kap. 24). Bis heute prägt der Gedanke der Weggemein-schaft die Gläubigen in der Kirche: Aktuell befindet sich die Kirche in Deutschland auf einem gemeinsamen (griechisch: syn-odos), dem synodalen Weg.

„Ich bin der Weg“, sagt Jesus selbst zu seinen Jüngern, erzählt das Johannesevangelium. Ist er auch unser Weg?  Wem die Vorstellung zu abstrakt ist, dass Jesus ein gangbarer Weg sein könnte, kann die Schritte anders setzen: nicht den Weg gehen, der er ist, sondern denjenigen, den er selbst geht.

aus: Dr. Angela M.T. Reinders im Andreasboten, März 2020, JG 43

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