AN-Artikel: „De Krüzzbrür“ begraben ihre Festsitzung

Steigende Kosten und mangelnde Kartennachfrage veranlassen den Pfarrausschuss Heilig Kreuz zu dem gravierenden Einschnitt

Von Wolfgang Schumacher

„Wir sind nicht mehr die Jüngsten, und es kommt einfach nichts nach.“
Franz-Josef Staat, Vorsitzender des Pfarrausschusses Heilig Kreuz

Franz-Josef Staat lächelt. Der Vorsitzende des Pfarrausschusses Heilig Kreuz macht dies, weil er durch und durch ein positiver Mensch ist und auch die Welt nicht untergeht, wenn der traditionsreiche Pfarrausschuss „De Krüzzbrür“ demnächst auf sein Flaggschiff, die alljährliche große karnevalistische Festsitzung, verzichten wird.

Sehr schweren Herzens, wie die weiteren Vorstandsmitglieder Herbert Steins, Rainer Klügel und Michael Mathar versicherten, hat der Pfarrausschuss im März diesen Jahres bei nur einer Gegenstimme beschlossen, die „Große Sitzung“ künftig nicht mehr zu veranstalten. Um dies den immer noch vielen Freunden des traditionsreichen Krüzzbrür-Karnevals mitzuteilen, hatten sich die vier eigens zu einem Redaktionsgespräch in den Verlag bemüht, eine Bildcollage im Gepäck, auf der in ausgewählten Fotos und Texten die Erinnerungen an die großartigen Sitzungen seit 1948 zu sehen waren.

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Der Pfarrausschuss „De Krüzzbrür“ verzichtet künftig auf seine große Festsitzung. Das teilten Franz Josef Staat, Michael Mathar, Herbert Steins und Rainer Klügel (v.l) bei einem Redaktionsgespräch mit. Im Gepäck hatte das Quartett eingerahmte Dokumente und Fotos aus der Anfangsphase des Pfarrkarnevals. Foto: Heike Lachmann

Damals begann das recht spontan mit dem Pfarrausschuss, den die Männer aus der Pfarre 1948 nach dem Krieg gründeten. Sie erschienen stets in schwarzen Anzügen, was sie noch bis heute tun. Das Markenzeichen, das Label sozusagen, war damals ganz und gar pragmatisch der Tatsache geschuldet, dass damals der einzig anständig aussehende Zwirn für die Männer ein Anzug war, farblich schwarz, wie es sich in einer katholischen Pfarre eben gehört.

Mit viel Wehmut begründeten die Krüzzbrür jetzt ihre schwere Entscheidung, auf die „Große Festsitzung“ künftig verzichten zu wollen: „Wir haben, wie es auch anderswo ist, mit rückläufigen Kartenverkäufen zu kämpfen“, erklärte Staat den Entschluss, und Steins ergänzte, „die Kosten bleiben oder steigen sogar, wir hatten bereits länger arg zu kämpfen, um die Sitzungen in gewohnter Qualität auf die Beine zu stellen“.

Das sei bereits seit einigen Jahren zu beobachten gewesen, erklärten die Krüzzbrür. Um dann im gleichen Atemzug festzustellen, dass die weiteren Karnevalsaktivitäten wie die Verleihung des gleichnamigen Ordens oder die nicht minder humorvolle Sessionseröffnung an jedem 11. im 11. des Jahres sowie die Aktivitäten im Kinderkarneval keinesfalls zur Disposition stünden.

Ein kleiner Rückblick: 1948 wurde der Pfarrausschuss Heilig Kreuz nach dem Krieg als ein „Verein für Geselligkeit“ von aktiven Laien gegründet, die nach der Kriegstragödie und den dunklen Hitler-Jahren ein offenes Zusammenleben am Ponttor etablieren wollten. Das sollte der „Ausschuss für Geselligkeit der Pfarre Heilig Kreuz“, wie die Krüzzbrür zunächst hießen, bewerkstelligen. Es war eine Idee des damaligen Pastors Josef Gerads und des rührigen Kirchenchormitgliedes Gerhard Laufer, wie Franz-Josef Staat aus der Gründerzeit berichtete.

Mit dem legendären Herrenabend und der dort stattfindenden Verleihung des Krüzzbrür-Ordens in der Traditionsgaststätte „Am Knipp“ schufen die katholischen Herrn in den schwarzen Anzügen eine begehrte Auszeichnung, die jedes Jahr einem „würdigen Aachener“, der sich durch „besonders humorvolle Art in der Öffentlichkeit einen Namen gemacht hat“, wie es in den Anforderungsbeschreibungen der Krüzzbrür heißt, verliehen wird.

Zurück zur „Großen Festsitzung“. Begonnen hatte es in der Mensa an der Wüllnerstraße. Die Künstler und Jecken, die damals auftraten, erzählt Steins, wurden mit „Doornkaat, Wurst und Zigaretten“ bezahlt, der Eintritt kostete erschwingliche 1,60 D-Mark, dafür habe man viel Spaß gehabt. Die Sitzung wurde von Jahrzehnt zu Jahrzehnt größer, in den Hochzeiten Ende der 1970er und in den 1980er Jahren konnte man locker zwei Sitzungen mit rund 1000 begeisterten Zuschauern füllen, es traten später Entdeckungen wie die Domspatzen oder Jürgen W. Hausmann hier zum ersten Mal vor ganz großem Publikum auf.

Man sei so gewachsen, dass man zunächst ins neue Kurhaus, dann zum Saaltheater Geulen und letztlich direkt im ersten Jahr nach der
Fertigstellung 1977 in das neue Eurogress ging – selbstredend in den großen Saal dort.

Kleiner Saal

Um wieder in die Gegenwart zu kommen: Jetzt, am Ende, langte es nur noch für den kleinen Brüssel-Saal. Und weil einerseits der Kartenverkauf stagnierte und die Kosten stiegen, drohte ein Minus. Dabei hatte man sich, erläuterte Franz-Josef Staat, bereits 2010 mit dem Verein „Fidele Aquisgrana“ zusammengetan und das Konzept der Sitzungen modernisiert. Doch alles nutzte nichts. Man stemmte noch 2014 die Jubiläumssitzung „6 X 11“ Jahre und schaffte es noch bis ins Jahr 2016. Doch jetzt sei Schluss, meinten die Vertreter des Pfarrausschusses, auch die Manpower sei nicht mehr uneingeschränkt vorhanden.

Staat: „Wir sind nicht mehr die Jüngsten, und es kommt einfach nichts nach“. Keine Sorge, das versicherten alle vier, brauche man sich über die weiteren Aktivitäten des Pfarrausschusses zu machen, wie die jährlichen Pilgerfahrten, den großen Martinszug im Pontviertel, das traditionelle Herbstfest mit Unterstützung von Krüzzbrür-Ordensträger Wendelin Haverkamp oder den Freiluft-Gottesdienst am Veltman-Platz. Doch unbestritten hat der Öcher Karneval mit der großen Krüzzbrür-Festsitzung einen Standpfeiler verloren.

Quelle: Aachener Nachrichten, 24. Mai 2016

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