Leben in Fülle und Veränderung wagen

Vom Liturgiekreis St. Andreas zur Fastenzeit

In der Januar-Sitzung des Liturgiekreises suchten wir nach einem zentralen und übergreifenden Thema für die Fastenzeit. Von den Anwesenden wurden zwei Aspekte genannt: Mit Bezug auf das Jesuswort „Ich bin gekommen, dass sie das Leben haben und dass sie es in Fülle haben“ (Joh 10,10) und auf das Wort: Wo Veränderung geschieht, da ist Leben. Diese beiden Aspekte leiteten unser Gespräch.

Wir gingen aus von einem Kurztext von Bertold Brecht: Ein Mann, den Herr K lange nicht mehr gesehen hatte, begrüßt ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert!“ – „Oh!“ sagte Herr K und erbleichte. – Brecht schafft es mit wenigen Worten geradezu spielerisch, uns zu irritieren. Was wir als Kompliment empfinden,  erschreckt Herrn K zutiefst. „Du hast Dich nicht verändert“ meint in der Regel: Du siehst noch so jung und dynamisch aus wie damals! Herrn K sagt es dagegen: Du bist in der Zeit zurückgeblieben; das war Stillstand und Stagnation. Das heißt andersherum: „Wo Veränderung geschieht, da ist Leben!“ 

Natürlich macht so manche Veränderung Angst und bereitet Sorgen. Wir brauchen nicht gleich an Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes oder beginnende Entfremdung bei einem Ehepaar oder bei Freunden zu denken. Dennoch gilt: „Nur wer sich verändert, bleibt sich treu“, wie Wolf Biermann es einmal formuliert hat.

Die vierzig Tage von Aschermittwoch bis Ostern laden dazu ein, unseren bisherigen Weg anzusehen und dabei zu prüfen, wo uns Änderungen gut täten oder gar notwendig sind. Früher sah man im Aschermittwoch einen Tag des Verzichtes, und die Fastenzeit stand unter der Überschrift: „Du musst! Du sollst!“ Dabei vergaß man, dass diese Wochen Ostern zum Ziel haben: das Fest des Lebens; eines Lebens in Fülle, wie es nur Gott schenken kann. Jesus sagt uns nicht „Du musst!“ Er weiß um unsere Sehnsucht nach gelingendem Leben, nach Leben in Fülle schon heute.

Von der Kirche heißt es „ecclesia semper reformanda“, d.h. sie muss sich immer wieder verändern und erneuern und sich doch treu bleiben. Nur so bleibt sie lebendig. Was für die Kirche gilt, trifft auf jeden von uns zu. Vielleicht sagt dann jemand nach sieben Wochen zu Ostern zu Ihnen: „Du wirkst so verändert. Wie hast Du das gemacht? Du strahlst soviel Ruhe und Gelassenheit aus …“

Was auch immer Sie angehen und verändern wollen: Wir wünschen Ihnen, dass Sie trotz Zaudern und Zweifel mit Schwung Ihre Veränderung anpacken und dass Sie dabei Gottes Nähe und Hilfe erfahren, der Ihnen die Fülle des Lebens zugesagt hat.

Der Liturgiekreis

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