Alles klar, das muss Pfingsten sein.

Da ist die Taube, ein Sinnbild des Heiligen Geistes. Klare Form, klare Konturen, klare Richtung: von Gott zum Menschen, auf ihrem Weg im Licht, das er ins Dunkel bringt. Da sind die Feuerzungen, gut verteilt.
Alles klar.

Nichts ist klar. Ist Pfingsten denn klar? Der Geist, unsichtbar eigentlich , als Taube, wie zum Anfassen nah. Licht ins Dunkel, wo doch alles so finster wirkt. Feindselig. Feuer, das zerstören kann, doch bei den Menschen landet, sie bestärkt und sich weiter teilt, eine gute Kraft.

Nichts ist klar. 50 Jahre lang behütet im christlichen Glauben, zweifelt Madeleine an ihm. Eine Krankheit macht ihr zu schaffen, ihre Kinder geraten auf Bahnen, auf denen sie die Ihren nie sehen wollte. Sie kann sie nicht mehr begleiten. Gott ist fern. Unendlich. Doch sie lässt ihn nicht, findet sich mit seinem Fehlen nicht ab. Zu lange hat er sie getragen. Was soll sie sonst tun? Sie sucht ihn, Hier und da fällt sein Licht auf ihre Suche. Sie findet Gott nicht mehr da, wo er einmal in ihrem Leben war. Aber sie traut sich auf neue Wege: entdeckt neue Glaubensorte, neue Glaubensformen, neue Glaubensgeschwister. Und spürt seine Nähe. Ob er wieder so nahe kommt, wie zum Anfassen nah?

Nichts ist klar. Warum gibt es die Menschen, die beim Beten Antwort vernehmen, wo andere nur Leere erfahren, die beim Gottesdienst Kraft erfahren – so, als wäre der unsichtbare Geist zum Anfassen nah? Die sich auch da noch für andere einsetzen, wo alles verloren, vergebens, vertan scheint – so, als wäre da ein Licht? Warum glauben manche mit solcher Kraft, dass sie andere anstecken und mitziehen können – so, als würde dieses Feuer in ihnen immer neu entfacht, als würde es sich weiter und weiter verteilen?

Nichts ist klar: sich in einem neuen Licht sehen mit den eigenen Fragen, dem eigenen Glauben, der eigenen Kraft. Entzündet von Gottes Feuer. Mit dem festen Glauben, dass er da ist. Doch immer im Wissen: Jeden Tag kommt der Geist anders an. Und macht alles neu. Nichts ist klar. Alles klar: Das muss Pfingsten sein.

Angela M. T. Reinders

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