Komische Vögel

Dr. Annette Jantzen schrieb in der AZ-Kolumne „andererseits“ vom 14.02.2018:

Sich all die komischen Vögel anzuschauen, die in den letzten Tagen die Stadt bevölkert haben – kostümiert, angemalt, uniformiert, im Zug und am Rand. Sich die Spuren an halbgeschmolzenen Kamelle anzuschauen, die sie hinterlassen haben und die schneller wieder von den Menschen der Stadtreinigung entfernt wurden als der Schnee der vergangenen Woche verschwunden war. Nur für kurze Zeit hatte der Schnee sichtbar gemacht, wo schon früh jemand an Ecken unterwegs gewesen war, an denen man es nicht erwartet hätte oder wo jemand auf dem Vennbahnradweg übel gestürzt war, für kurze Zeit hatte der Schnee alles das im Gedächtnis behalten, so wie die Straßen für kurze Zeit an den vorübergezogenen Zug erinnern. Für andere Lebewesen, die die Stadt bevölkern, muss man an den Himmel schauen statt auf den Boden, oder es reicht hinzuhören, um die Stare wahrzunehmen, die sich derzeit abends auf dem Gerüst von St. Foillan sammeln. Sie fliegen in wilden Formationen, sammeln sich, teilen sich wieder, lassen sich auf den Stangen des Gerüsts nieder und unterhalten sich lautstark, so wenig zu überhören wie die Jecken nach dem Zug. Sie leben hier, bevor die Turmfalken wieder brüten, die wiederum die Tauben jagen, auch sie zahlreich rund um den Elisenbrunnen. Die Stadt bietet Lebensraum für so manche Art – laute wie Menschen und Stare, eher lästige wie Tauben, unauffällige wie Bienen, flüchtige wie Füchse in den Außenbezirken, die nur Spuren hinterlassen,wenn sie die Gelben Säcke vor der Abholung zerfetzen und für ein Müllchaos sorgen wie Friederike. Sich all die komischen Vögel anzuschauen und zu wissen, wir gehören irgendwie zusammen auf einem Lebensraum, auch wenn wir in verschiedenen Biotopen leben, und was die Menschen angeht: Wir können und sollen es miteinander aushalten, und es wird nicht schaden, einen Blick in die Nachbarschaft zu werfen, wer denn da sonst noch so unterwegs ist, komischer Vogel oder nicht – ein gutes Wort kommt bestimmt gelegen, erst recht zu Aschermittwoch, wenn aus Karnevalssicht alles vorbei ist und darum alles neu beginnt.

Dr. Annette Jantzen

Geistliche Leiterin des BDKJ, Aachen

annette[.]jantzen[at]bdkj-aachen[.]de

Foto: SofiLaya/Pixabay

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